Bunkerführungen in Berlin erfreuen sich einer immer größeren Beliebtheit.
Der Berliner Unterwelten e.V. bietet seit 1999 regelmäßig Führungen durch die unterirdischen Bauwerke von Berlin an.
Einerseits, weil der Untergrund von Berlin einige verblüffende Zeugnisse der Geschichte bereithält und Bunkerruinen, Tunnelbauten, um aus der DDR zu fliehen oder ehemalige Operationssäle eine ungemeine Anziehungskraft auf Stadtinteressierte ausüben.
Andererseits, weil die Ruinen im Untergrund von Berlin das erschreckende Zeugnis von Gewalt, Diktaturen und der turbulenten Geschichte von Berlin selbst sind, die in der öffentlichen Aufarbeitung der Vergangenheit immer mehr Beachtung finden.
Möchtest du tiefer in die Unterwelt von Berlin eintauchen, führt kein Weg an einer Tour mit den Berliner Unterwelten vorbei.
Berliner Unterwelten Tour 1 – Dunkle Welten
Während die Züge durch den U-Bahnhof Gesundbrunnen rattern und man noch hastig probiert, sich bei schließender Waggon-Tür in die U-Bahn zu quetschen, übersieht man eine andere Tür im U-Bahnhof schnell.
© Berliner Unterwelten e.V./Holger Happel
Tour 1 der Berliner Unterwelten führt dich durch die grüne Metalltür hindurch.
Dahinter erwartet dich ein ehemaliger Luftschutzbunker aus dem Zweiten Weltkrieg, dessen Ausmaß niemand erwartet hätte.
Im Jahr 1998 wurde der mehretagige Berliner Bunker durch den Berliner Unterwelten e.V. wiederentdeckt.
Mittlerweile befindet sich das Berliner Unterwelten Museum in den Räumlichkeiten des ehemaligen Luftschutzbunkers am Gesundbrunnen.
Die Führung durch den Luftschutzbunker im U-Bahnhof Gesundbrunnen öffnet den Blick dafür, wie zusammengepfercht die Bewohner und Besucher Berlins während eines Luftangriffs zwischen den beklemmenden Betonwänden gekauert haben müssen.
© Berliner Unterwelten e.V./Holger Happel
Man kann sich kaum vorstellen, dass auf den Etagen- oder den von der Decke hängenden Klappbetten wirklich Menschen um ihr Leben gebangt haben.
Zusätzliche Exponate wie beispielsweise aus den Bunkern im Berliner Regierungsviertel konfrontieren dich eindringlich mit den Themen Bombenkrieg und Luftschutz.
Dass der Luftschutzbunker heute noch existiert, hat interessanterweise städtebauliche Hintergründe.
Die Alliierten sprengten den Bunker nicht, weil der U-Bahntunnel höchstwahrscheinlich schwer in Mitleidenschaft gezogen worden wäre.
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Berliner Unterwelten Tour 3 – Atombunker im Kalten Krieg
Die Invasion der Schweinbucht im Jahr 1961 und der Bau der Berliner Mauer nur ein paar Monate später ließ vielerorts die Angst vor einem atomaren Krieg zur traurigen Alltagsrealität avancieren.
© Berliner Unterwelten e.V./Holger Happel
Während sich mancherorts mit Slogans wie no future Luft gemacht wurde, investierte die Regierung Berlins in den Jahren nach dem Mauerbau in den Aus- und Neubau von Atomschutzbunkern.
Die Berliner Unterwelt Tour „Atombunker im Kalten Krieg“ führt dich durch zwei Bunkeranlagen in Berlin:
die ehemalige Zivilschutzanlage am Blochplatz und den vollkommen intakten Atomschutzbunker im U-Bahnhof Pankstraße.
Was für manche Teilnehmer der Berliner Unterwelten Tour wie eine dystopisch weit entfernte Vergangenheit anmutet, liegt in Wahrheit gar nicht so weit in der Zeit zurück.
Der für damalige Verhältnisse hochmoderne Atomschutzbunker in Berlin-Wedding wurde erst im Jahr 1977 errichtet und sollte durch ein eigenes Wasserwerk und ein Notstromaggregat über 3.000 Menschen über mehrere Wochen hin Schutz bieten.
Berliner Unterwelten Tour F – Geschichtsspeicher Fichtebunker
Von außen sieht der ehemalige Gasometer nicht sonderlich spektakulär aus.
Ja, es befinden sich mittlerweile sogar Lofts auf dem Gebäude mit der Berliner Backsteinfassade.
Für Berlin soweit nicht unüblich.
Aber die wechselhafte Geschichte des Berliner Fichtebunkers ist selbst für die Hauptstadt außerordentlich.
© Berliner Unterwelten e.V./Holger Happel
Das 1883/84 errichtete Gebäude diente bis zum Jahr 1940 zur Straßenbeleuchtung, bis der Gasometer zu einem mehr als wuchtigen Bunker in Berlin ausgebaut wurde.
Auf sechs Etagen sollte der Mutter-Kind-Bunker bis zu 6.500 Menschen Schutz während Bombenangriffen bieten.
In extremen Zeiten drängten sich jedoch bis zu 30.000 Menschen in jeden noch so kleinen Spalt des Fichtebunkers.
Nach der Besetzung durch die Rote Armee wurde der Berliner Bunker als Auffanglager für Geflüchtete, Obdachlosenasyl und Altenheim genutzt.
In Anbetracht dessen, dass der Fichtebunker keine Fenster hat, schien der Aufenthalt in dem Bunker allerdings außerordentlich trostlos gewesen zu sein.
Der sogenannte „Bunker der Hoffnungslosen“ wurde schlussendlich nach einem Mord im Jahr 1963 geräumt.
© Berliner Unterwelten e.V./Holger Happel
Der Geschichtsspeicher Fichtebunker ist der größte noch erhaltene Bunker in Berlin.
Der Berliner Unterwelten e.V. vermittelt bei einer Tour einen facettenreichen Überblick über den Aufbau und die Technik des ehemaligen Gasometers.
Die Vielschichtigkeit der Einzelschicksale von Menschen, die zwischen den dicken Mauern Schutz gefunden haben, wird sowohl multimedial als auch durch zahlreiche Ausstellungsstücke beleuchtet.
Berliner Unterwelten Tour O – Operationsbunker Teichstraße
Jede Tour der Berliner Unterwelten hat das Potenzial dazu, dass dir die Nackenhaare zu Berge stehen.
Die Führung durch den OP-Bunker in Berlin-Reinickendorf konfrontiert dich allerdings mit den fruchtbaren Dimensionen von Kriegsverletzungen.
© Berliner Unterwelten e.V./Holger Happel
Auf dem Gelände des ehemaligen Humboldt-Krankenhauses wurde ein Operationsbunker in Berlin errichtet, in dem Ärzte selbst während eines Fliegerbombenangriffs Operationen durchführen konnten.
Allerdings übten sie ihr Handwerk mit der traurigen Gewissheit aus, dass jeder weitere Angriff wieder Verletzte Menschen, die um ihr Leben ringen, in den OP-Saal des Operationsbunkers in der Teichstraße bringen wird.
Die Führung der Berliner Unterwelten gewährt dir mulmige Einblicke in den Operationssaal und gibt dir zudem die Möglichkeit, das Gelände des 1985 geschlossenen Krankenhauses zu entdecken. Anfang des 20. Jahrhunderts galt das Humboldt-Krankenhaus als eines der modernsten Krankenhäuser in Berlin.
Berliner Unterwelten Tour M – Unterirdisch in die Freiheit
Mittlerweile sind die letzten echten Überbleibsel der Berliner Mauer Mahnmal und beliebtes Fotomotiv zugleich.
Vor knapp 30 Jahren wären Menschen beim Versuch, so nahe an die Mauer zu gelangen, erschossen worden.
© Berliner Unterwelten e.V./Holger Happel
Die Untergrund-Tour der Berliner Unterwelten führt dich hinab zu den Orten der wahnwitzigen Versuche, die Berliner Mauer unterirdisch durch einen Tunnel zu umgehen.
Von über 70 begonnenen Fluchttunneln führten allerdings nur 19 in die Freiheit nach West-Berlin.
Es gab zahlreiche teils absurd anmutende Fluchtversuche aus der DDR, die meisten endeten hinter Gittern, manche tödlich.
Nimmst du an dieser Tour der Berliner Unterwelten teil, bekommst du ein Gespür dafür, wie verzweifelt aber auch gleichzeitig hoffnungsvoll sich die DDR-Bürger durch den schier endlosen Märkischen Sand und metertief unter dem Berliner Boden gruben.
© Berliner Unterwelten e.V./Holger Happel
Bei der Untergrund-Führung der Berliner Unterwelten wirst du die Zivilschutzanlage Blochplatz, den Untergrund der Bernauer Straße und sogar die ehemalige Berliner Oswald Brauerei entdecken.
Dort wirst du anhand authentischer Tunnelnachbauten in Original-Maßstab die Dimension der Stasi-Überwachung und des Fluchtwillens der ehemaligen DDR-Bürger kennenlernen.
Berliner Unterwelten Tour A – Der AEG-Tunnel
Von Eisenbahnromantik ist in dem 295 Meter langen Tunnel auf dem ehemaligen Gelände der AEG wenig zu verspüren, dennoch solltest du dir den spröden Charme des 295 m langen Tunnels nicht entgehen lassen.
© Berliner Unterwelten e.V./Holger Happel
Um das AEG-Gelände am Humboldthain komfortabel mit dem Standort an der Ackerstraße zu verbinden, initiierte die AEG den Bau einer Untergrundbahn. Elektrische Züge transportierten dabei sowohl Arbeitsmaterialien als auch Arbeitskräfte hin und her.
Das Prinzip kommt dir bekannt vor?
Richtig, bei dieser Tour der Berliner Unterwelten kannst du den ersten U-Bahntunnel Deutschlands besichtigen, der auch schon als Drehort für die Serie „Babylon Berlin“ fungierte. Außerdem hast du so die Chance, das wunderschöne Fabrikgelände zu erkunden. Diese Führung der Berliner Unterwelten ist vor allen Dingen Liebhabern von Industriekultur zu empfehlen.
Berliner Unterwelten Tour K – Kindl-Areal Neukölln
Über den Berliner Boden lässt es sich leicht monieren. Zu sandig, zu viel Grundwasser, kurzum:
Zu schwammig.
Bei jeder Berliner Unterwelten Führung durch einen Bunker oder den Untergrund, wirst du also nicht nur Zeuge von erlebbarer Geschichte, sondern auch von städtebaulichen Glanzleistungen.
© Berliner Unterwelten e.V./Holger Happel
Dass es außerordentlich knifflig sein kann, Bauwerke in den Berliner Untergrund hinein zu bauen, wird mit jeder neuen Baustelle, die spontan mit einem unerwartet hohen Pegel an Grundwasser zu kämpfen hat, deutlich.
Was soll man da schon machen?
Vielleicht abwarten, bis das Wasser abgepumpt ist und Bier trinken?
Im 19. Jahrhundert musste erst einmal die Möglichkeit dafür geschaffen werden, das immer beliebter werdende untergärige Bier herzustellen.
In großem Maße Lagerräume und Gärkeller anzumieten, die dieses Brauverfahren benötigt, wäre unfassbar teuer für die Brauereien gewesen.
© Berliner Unterwelten e.V./Holger Happel
Zumindest auf den paar Hügeln dieser Stadt, beispielsweise in Prenzlauer Berg oder dem Rollberg in Neukölln, konnten die Berliner Brauereien Keller in den Untergrund bauen, um ihrem Handwerk nachzugehen.
Die Berliner Unterwelten Tour über das Gelände der ehemaligen Kindl-Brauerei in Neukölln gewährt dir nicht nur Einblicke in die alte Brauerei, sondern gibt dir auch die Gelegenheit, die neue Privatbrauerei am Rollberg zu entdecken.
Natürlich kannst du nach der Führung über das Berliner Brauereigelände auch gleich ein kühles Blondes probieren.
Berliner Unterwelten Tour HS – Humboldthain Spezial
Die wohl extremsten Touren der Berliner Unterwelten führen dich unter das Wurzelwerks des Humboldthains. Denn unter den zugewucherten Trümmerresten im beliebten Park schlummern noch immer Reste ehemaliger Nazi-Bunker in Berlin.
© Berliner Unterwelten e.V./Holger Happel
Der Humboldthain wurde im endenden 19. Jahrhundert als idyllischer Park mit Gartenanlagen konzeptioniert.
Ab 1941 verwandelte sich der beliebte Park mit einem Flakturmpaar und Mutter-Kind-Bunkern zu einem Zeugnis der verheerenden Kriegsfolgen.
Mittlerweile wurden die gesprengten Reste der Anlagen weitestgehend unter Trümmerresten begraben.
Die Mutter-Kind-Bunker wurden durch Sprengungen von der Außenwelt abgeschüttet.
Die Tour HS der Berliner Unterwelten informiert dich nicht nur über die Beschaffenheit des Humboldthains, sondern führt dich auch in die Hohlräume und Überreste der gesprengten Mutter-und-Kind-Bunker.
Dauerausstellung Mythos Germania – Vision und Verbrechen
Eines der Angebote der Berliner Unterwelten führt dich im wahrsten Sinne in den Abgrund der Berliner Geschichte:
Besuche die Dauerausstellung zur geplanten Nazi-Welthauptstadt Germania und entwickle ein Gespür dafür, welches Ausmaß an Größenwahnsinn auch in architektonischer Hinsicht in der Nazi-Ideologie beinhaltet war.
© Berliner Unterwelten e.V./Philipp Dase
Albert Speer wurde von Adolf Hitler mit der Umgestaltung der Reichshauptstadt beauftragt.
In der Dauerausstellung der Berliner Unterwelten zum Mythos Germania kannst du dir eine Rekonstruktion des Modells ansehen, das das schier unfassbares Ausmaß der geplanten Gigantonomie der Nazis zeigt.
Besonders offensichtlich stechen dabei ein geplanter Triumphbogen und die riesige Ruhmeshalle hervor, die durch einen Boulevard verbunden werden sollten.
Die Ruhmeshalle sollte das größte Kuppelgebäude der Welt werden.
Der Verkehr sollte dafür durch den Berliner Untergrund umgeleitet werden.
© Berliner Unterwelten e.V./Holger Happel
Die Arbeit dafür sollten Zwangsarbeiter verrichten, in bekannter menschenverachtender Manier natürlich ohne Rücksicht auf Verluste.
Im Museum der Berliner Unterwelten am U-Bahnhof Gesundbrunnen befinden sich aber auch multimediale Elemente, die dir wissenschaftlich aufbereitet zeigen, was für ein Ausmaß an Sklavenarbeit und Deportation das sogar begonnene Bauvorhaben der Reichshauptstadt Germania nach sich gezogen hätte.
In der integrierten Sonderausstellung mit dem Titel „Kriegsbunker als Stadtdekoration“ kannst du dich darüber informieren, wie Albert Speer probiert hat, die kargen Kriegs-Beton-Bunker der errichteten Berliner Flaktürme sogar ästhetisch in das Stadtbild von Germania einfließen zu lassen.
Bei dem Vorhaben handelt es sich allerdings nicht um die Idee, Berlin zu verschönern, sondern um den perversen Versuch, Kriegsmaschinerie als omnipräsentes Element als ästhetisches Element in den Alltag der Bewohner und Besucher Berlins einfließen zu lassen.
Tickets für die Touren der Berliner Unterwelten
Um an den Touren der Berliner Unterwelten teilzunehmen, musst du manchmal fix sein.
Besonders Bunkerführungen oder die Touren durch die Trümmerruinen im Humboldthain sind extrem schnell ausverkauft.
Für die Touren A, F, K, O, E sowie HS sind Online-Tickets im Vorverkauf erhältlich.
Für alle anderen Touren sind Tickets derzeit nur an der Tageskasse im Ticket- und Buchshop der Berliner Unterwelten am Gesundbrunnen erhältlich.
- Adresse: Brunnenstraße 105, 13355 Berlin
- Website: http://berliner-unterwelten.de/
- Info-Telefon: (030) 499 105-18
- E-Mail: buero(at)berliner-unterwelten.de
Um die komplexen Zusammenhänge und ergreifenden Einzelschicksale, die bei einer Bunkerführung in Berlin erläutert werden, wirklich begreifen zu können, empfiehlt der Berliner Unterwelten e.V. die Touren erst ab einem Alter von 13 bis 14 Jahren.
Für einige Touren gilt ein Mindestalter ab 18. Informiere dich unbedingt vor dem Buchen einer Tour auf der Website der Berliner Unterwelten über die Teilnahmevoraussetzungen.
Die Organisation der Fichtebunker-Tour war grottenschlecht. Wir waren zu sechst und als Erste da. Da die Führung gut besucht war, wurden wir in zwei Gruppen aufgeteilt, allerdings einfach 20 und 20, wie es kam. Die Familien wurden auseinander gerissen. Der Kommentar des Guides war: „Während des Krieges wurden Familien auch auseinander gerissen. Also stellen Sie sich nicht so an.“ WIE BITTE! Drei Punkte für die Führung, die war gut.